Mitsommer

Kathleen

2016-06-24

 

Kurz vor Mitsommer haben wir durch die Empfehlung von Bekannten einen schönen Stellplatz an der Ostsee gefunden. Direkter Strandzugang, sehr ruhig gelegen, schöne Natur - was will man mehr.

 

Der Platz wurde betreut von einem jungen Mann, Austris und seinem Sohn. Die Kinder konnten die Gegend erkunden und man musste sich keine Gedanken machen, dass sie abhanden kommen. Schon in den Tagen vor Mitsommer haben wir viel über Lettland von Austris erfahren und René hat Erkundungstouren zu alten Sowjetgeländen und Steinkreisen mit ihm unternommen. Wir hatten es garnicht so im Hinterkopf. Aber ja, Mitsommer stand an. Austris hatte uns erzählt, dass auf dem Platz Mitsommer auf traditionelle Art und Weise gefeiert wird und uns dazu eingeladen. Wie konnten wir denn da ablehnen.

 

Mit uns war auch noch eine andere junge Familie da. Wir haben uns sehr gut verstanden und witzigerweise auch später in Riga wiedergetroffen. Da war die Freude gross...


Im Grunde hatten wir keine genaue Vorstellung, was uns erwarten würde. Klar,  wir kennen etwas die schwedische Variante, aber lettisch....

 

Die Vorbereitungen mit dem Aufbau der Feuerstellen, der Zubereitung von Käse über dem Lagerfeuer, dem Vorbereiten der Schwitzhütte, dem Schneiden von Reisig und Gräsern und dem Eintreffen der ersten Gäste waren schon spannend.

 

Kurz vor 19.00 Uhr kamen plötzlich jede Menge Autos auf dem sonst so ruhigen und abgelegenen Platz. Die Frauen kamen in farbenfrohen, lettischen Kleidern und hatten Blütenkränze im Haar. Wer seinen Kranz noch nicht fertig hatte und auch nicht, wie einige Besucher, den Kofferraum voller Gräser und Zweige, holte sich frische Gräser und Blüten aus dem Wald.

 

Die Männer tragen Eichenblätter als Kopfschmuck, das steht für Stärke und Kraft und die Frauen Blüten, Gräser und Eichenblätter.  Krista und einige Helferinnen haben eigens für uns vier Kränze gebunden. Damit hätten wir nicht im Traum gerechnet und haben uns natürlich wahnsinnig gefreut. So konnten wir richtig mittendrin sein.

 

Wir haben auch noch ein Ährenbündel geschenkt bekommen. Das nennt sich Jumis und symbolisiert ein Dach, dass sich schützend über das Haus und seine Bewohner legt. Jumis begleitet uns nun auf unser Autoablage.

 

Es gab wirklich viele und wunderschöne Rituale. Ich versuche mal an alles zu denken:

  •  Das rituelle Feuer wurde mit Gräsern und Farnen geschmückt und war immer Mittelpunkt.
  • Am Strand wurde ein zweites Feuer auf einem hohen Stamm aufgebaut. Dieses überbrückt die Zeit von Sonnenuntergang bis -aufgang. So scheint in dieser kurzen Nacht trotzdem immer ein Licht.
  • Oftmals wurde im Kreis gesungen und auch getanzt. Es gab auch einen Kreis, in welchem sich jeder mit seinem Namen vorstellte. Auch sehr schön, da es so sofort persönlich wurde.
  • Es wurde ein Zweig mit Stacheln herumgegeben, in welchen jeder all die schlechten Dinge legte, von welchen er sich trennen wollte. Der Zweig wurde anschließend im Feuer verbrannt. Ebenso wurden die alten Kränze vom letzten Jahr verbrannt, um sich symbolisch von allem zu trennen, was man nicht benötigt.
  • Die neuen Kränze werden in die Häuser und Wohnungen gehängt. Wir haben unsere im Johannesfeuer verbrannt, weil wir sie leider nicht so lange aufheben können.
  • Jeder sammelt 3 mal 9 verschiedene Pflanzen. Einen Strauß für sich selbst, einen für Familie und Freunde und einen für das Haus oder die Wohnung. Diese werden dann mit guten Wünschen im Feuer verbrannt.
  • Mit Kräuterwasser aus dem Meer wird das Gesicht erfrischt, um Energie zu erhalten.
  • Rückwärts sind wir an den Händen haltend zum Strand gegangen und dort wurden dann gesungen.Leider haben wir vergessen nach der Bedeutung zu fragen.
  • Ungefähr um Mitternacht gab es einen Imbiss mit allerlei Speisen und dem zuvor am Feuer gesegneten Brot. Dazu wird der typisch lettische Käse gegessen.
  • Bis zum Sonnenaufgang wird nicht zu Bett gegangen. Mitten in der Nacht, wird die mit Reisig ausgelegte Schwitzhütte besucht und danach ab ins Meer. René war dabei ....
  • Die aufgehende Sonnen wird mit Gesang begrüßt.

Und immer wieder klangen die wunderbaren Lieder durch die Nacht. Ein Lied, welches in kleiner Runde abends am Feuer gesungen wurde, haben wir aufgenommen. Leider wissen wir nicht die Übersetzung, aber könnten es immer wieder hören:


Es war ein ganz wunderbarer Abend und wir sind mächtig froh, dass wir diesen wunderbaren Platz gefunden haben und an diesem Fest teilnehmen konnten!

Ich würde mir wünschen, dass auch bei uns die alten Rituale wiederentdeckt werden und wir uns zurückbesinnen auf die alten Traditionen und diese mit Leben füllen. In Lettland erfolgt dies wohl seit einigen Jahren.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Doreen (Samstag, 02 Juli 2016 08:23)

    Danke für den ausführlichen, interessanten und mitreisenden Bericht. LG an euch alle.
    Die 4 Hurtzigs